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Die wahren Kosten unseres Handelns

Geschrieben von Daniela | Jul 7, 2022 9:00:00 AM

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4 Kostenfaktoren von Auswirkungen des Klimawandels

Die bislang gültige CO2-Bepreisung steht häufig in der Kritik. Einerseits umfasst sie nur wenige Sektoren. Andererseits gilt der veranschlagte Preis pro Tonne CO2 als viel zu gering, um die gesamten Kosten der Emissionsausstöße widerzuspiegeln. Welche Faktoren in die Bepreisung von CO2 eingebracht werden sollten, sodass ein repräsentativer Wert herauskommt, erfahrt ihr hier.

  1. Abhängigkeiten
  2. Ernteausfälle
  3. Schäden von Infrastruktur und Gebäuden
  4. Gesundheitliche Schäden

 

 

Bislang sind die wenigsten Kosten, die durch klimaschädlichen Konsum entstehen, in Produkten internalisiert. Die CO2-Bepreisung findet ebenfalls nur in wenige Sektoren statt. Das heißt, dass klimaschädliche Produkte in den meisten Fällen nicht den Preis widerspiegeln, der durch ihren Konsum entsteht. In erster Linie werden nur Produktions-, Transport- und Logistikkosten in Produktpreise eingerechnet. Kosten für die Entsorgung sowie für die langfristigen Folgen durch den Ausstoß klimaschädlicher Emissionen oder giftiger Stoffe bei der Produktion werden in den meisten Fällen nicht identifiziert oder im Produktpreis integriert. Somit sind die wahren Kosten, die alle Faktoren – sowohl Produktion als auch Entsorgung und Umweltbelastung – einschließen noch lange nicht ersichtlich.

Insbesondere im Sinne künftiger Generationen sollten die Preise angepasst werden, denn bereits heute kostet der Klimawandel weltweit Milliarden. Im Jahr 2019 haben allein die Treibhausgasemissionen in Deutschland Umweltkosten von mindestens 156 Milliarden Euro verursacht [1]. Diese Kosten werden zukünftig weiter ansteigen, da durch einen verschärften Klimawandel auch verstärkt Schäden auftreten. Der Kostensatz für 2021 liegt nach Berechnungen des Umweltbundesamts bei 201 Euro pro Tonne CO2. Werden neben der Treibhausgase noch durch den Klimawandel verursachte Einbußen für zukünftige Generationen einbezogen, so liegt der Kostensatz bei 698 Euro pro Tonne CO2. Die folgenden Faktoren stellen die Ursachen für die hohen Kosten pro CO2 Tonne dar.

 

1. Abhängigkeiten

Indem fossile Brennstoffe weiterhin subventioniert werden und häufig die finanziell günstigste Option darstellen, werden sie weiterhin als Hauptenergieträger verwendet. Somit bleibt die Abhängigkeit zu diesen Brennstoffen und deren Exportländern bestehen. Werden alle Umweltfaktoren berücksichtigt, die durch die Gewinnung und Förderung dieser Brennstoffe entstehen, steigt der Preis der Energiegewinnung stark an. Starke Faktoren, die die Umwelt beeinflussen, sind unter anderem der Bau von Gaspipelines, um die Brennstoffe zu fördern, sowie die Erschließung von Erdgas und -öl durch Fracking. Im Vergleich zu konventionellen Methoden der Erdöl- und Erdgasgewinnung ist Fracking sehr energieintensiv [2]. Allerdings führt unsere Abhängigkeit von fossilem Gas und Öl dazu, dass Fracking weiterhin zur Extraktion der Brennstoffe genutzt wird. Durch die verursachten Schäden steigen allerdings auch die Kosten für jede Tonne CO2.

Neben Umweltschäden, die durch die Abhängigkeit der fossilen Brennstoffe gefördert werden, steigt die politische Einflusskraft autoritärer Regime. Der Ukrainekrieg demonstriert, wie abhängig die deutsche Energiewirtschaft von Russland ist. Diese Abhängigkeiten können teuer werden – sowohl finanziell als auch in Bezug auf die demokratischen Werte, welche wir in Deutschland vertreten. Mit Blick auf die sozial-ökologische Wende sollte dies unter allen Umständen vermieden werden.

Idealvorstellung

Internalisieren Produkte auf Erdöl-Basis alle Umweltkosten im Preis, so steigt der Produktpreis deutlich an. Es werden alternative Produkte hergestellt, welche auf regenerativen Rohstoffen basieren. Somit sinkt schließlich auch die Abhängigkeit.

 

2. Ernteausfälle

Als Konsequenz des Klimawandels kommt es verstärkt zu Extremwetterlagen. Landwirtschaftlich genutzte Flächen sind für Stürme, Überschwemmungen oder Dürren besonders anfällig, da nahrhafter Boden und Pflanzen über- bzw. weggeschwemmt werden oder unzureichend Wasser bekommen. Das Thema des Wassermangels wird daher zu einem großen Problem für die Landwirtschaft [3]. Doch auch Starkregen ist ein großer Einflussfaktor für die Ernte. Wegen Starkregens lag der Verlust der Getreideernte 2021 bei etwa einer Million Tonnen [4]. Die finanziellen Schäden, welche durch die Verluste und Ernteausfälle entstehen, müssen schließlich auch in den CO2-Preis integriert werden, da sie als Konsequenz des Klimawandels gelten.

Der Bauernverband sieht es für die Zukunft als notwendig an, dass sich die Landwirtschaft an die Extremwetterlagen anpasst und Sorten anbaut, welche den Witterungsbedingungen standhalten können [4]. Aus landwirtschaftlicher Perspektive ist dies notwendig. Allerdings sinkt somit die Artenvielfalt, da alte Sorten nicht mehr angebaut werden und sich somit nicht an die Wetterbedingungen anpassen. Dabei sind alte Sorten häufig standhafter gegenüber Extremwetterlagen oder resistenter beim Befall von Krankheiten oder Schädlingen [5]. Für einen realistischen CO2-Preis sollten daher auch Kosten einbezogen werden, die durch die Züchtung klimaresistenter Arten entstehen oder durch das Aussterben alter Sorten.

Schon gewusst?

Deutlich über 1.000 traditionelle deutsche Gemüsesorten stehen auf der Roten Liste für Kulturpflanzen. Das heißt, sie gelten als vom Aussterben bedroht. Häufig nur, weil sie zu wenigen bekannt sind.

 

3. Schäden von Infrastruktur und Gebäuden

Einerseits beeinflussen Teile unserer derzeitigen Infrastruktur den Klimawandel negativ, aufgrund von Flächenversiegelung oder Landschaftszerschneidung. Denn Straßen speichern Wärme und verhindern, dass Wasser in den Boden versickert. Außerdem werden Biotopstreifen durch den Bau von Gebäuden und Straßen künstlich zerschnitten [6]. Um die Biodiversität und Artenvielfalt dennoch zu erhalten sowie die Bewässerung der Böden sicherzustellen und urbane Hitzeinseln zu vermeiden, entstehen weitere Kosten.

Andererseits werden auch die Infrastruktur und Gebäude durch den Klimawandel negativ beeinflusst. Hochwasserereignisse wie 2021 im Ahrtal verursachen immense Kosten. Die Versicherungsschäden beliefen sich damals auf 8,2 Milliarden Euro [7]. Besonders der Verkehrssektor und dessen Infrastruktur sind für Extremwetterereignisse anfällig. Durch Hitze werden Straßen beschädigt und Fluten verhindern den Verkehr selbst. Reparaturkosten werden allerdings nicht nur von den Verursachenden getragen, sondern über Steuergelder finanziert. Im Anbetracht einer Verkehrswende wird dies besonders kritisch, denn der Individualverkehr verursacht deutlich mehr Treibhausgase und benötigt mehr Platz auf Straßen. Dadurch entstehen größere Flächen, die anfällig für Schäden sind. Dieser Mechanismus zeigt, dass im Sinne der Bekämpfung des Klimawandels auch der Individualverkehr eingeschränkt werden sollte.

 

4. Gesundheitliche Schäden

Nicht nur wirtschaftliche Schäden entstehen als Folge des Klimawandels, sondern auch die Gesundheit wird durch den Klimawandel beeinträchtigt. Warum der Klimawandel unsere Gesundheit beeinflusst, hat verschiedene Gründe. Unter anderem trägt der hohe Anteil an Schadstoffen in der Luft viel bei, aber auch der Verlust von Biodiversität führt zu einem erhöhten Allergiepotenzial. Dadurch sind die Gesundheitsschäden in der Stadt auch deutlich gravierender als auf dem Land [1]. Bei den Schäden, die aufgrund von Luftverschmutzung durch Emissionen entstehen, sind die Kosten für Gesundheitsschäden mit Abstand am höchsten. Besonders hohe Gesundheitseffekte entstehen durch den Ausstoß von Feinstaubpartikeln im Verkehr [6].

Klimawandel und Gesundheit

Der Klimawandel kann direkte Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen haben. Insbesondere fördert er bestimmte Krankheitsbilder wie Demenz, Neurodermitis und Allergien.

 

Weitere Schäden, die nicht direkt auf den Klimawandel zuzuführen sind, sind gesundheitliche Beeinträchtigungen aufgrund von Lärmbelastungen. Dabei unterscheiden sich die Belastungen mit Blick auf Geräuschquelle, Lautstärke, Bevölkerungsdichte und Entfernung. Der Verkehrssektor stellt einen hohen Faktor im Bereich Lärmbelästigung dar. Dabei lässt sich zwischen Straßenverkehrs-, Schienenverkehrs- und Fluglärm unterscheiden. Der Verkehrssektor verdeutlich auch die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Kostenfaktoren:

Verbrennungsmotoren basieren auf Erdöl und fördern somit die Abhängigkeit
Für die Ernte wird auf Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor gesetzt und Verkehrsinfrastruktur benötigt
Verkehrsinfrastruktur ist anfällig für Extremwetterlagen
Emissionen (Schadstoff und Lärm) aus dem Verkehr verursachen gesundheitliche Schäden

 

 

 

Quellen:

[1] UBA: 2021. Gesellschaftliche Kosten von Umweltbelastungen. Umweltbundesamt, URL: https://www.umweltbundesamt.de/daten/umwelt-wirtschaft/gesellschaftliche-kosten-von-umweltbelastungen#gesamtwirtschaftliche-bedeutung-der-umweltkosten.

[2] UBA: 2018. Fracking. Umweltbundesamt, URL: https://www.umweltbundesamt.de/themen/wasser/gewaesser/grundwasser/nutzung-belastungen/fracking.

[3] Hasselmann, Silke & Britta Fecke: 2018. Extremwetter und Ernteausfälle: Klimawandel stellt Landwirtschaft vor neue Herausforderungen. Deutschlandfunk, URL:  https://www.deutschlandfunk.de/extremwetter-und-ernteausfaelle-klimawandel-stellt-100.html.

[4] Fischer, Angela: 2021. Erntebilanz 2021: Bauernverband sieht Klimawandel als größte Herausforderung. Mdr, URL: https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/wirtschaft/erntebilanz-bauern-klimawandel-100.html.

[5] BMEL: 2018. Alte Sorten für neue Vielfalt. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, URL: https://www.bmel.de/DE/themen/landwirtschaft/artenvielfalt/alte-sorten-vielfalt-schmeckt.html.

[6] Matthey, Astrid & Björn Bünger: 2020. Methodenkonvention 3.1 zur Ermittlung von Umweltkosten: Kostensätze. Umweltbundesamt, PDF: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2020-12-21_methodenkonvention_3_1_kostensaetze.pdf.

[7] Jordan, Christin & Ver Schmidberger: 2022. Flutschäden im Ahrtal: Der Kampf mit der Versicherung. Tagesschau, URL: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/versicherungen-flutschaeden-naturkatastrophen-101.html.