Inhalt
Alles rund ums Lieferkettengesetz
KOSTENLOSES WHITepaper ERHALTEN7 Schritte zur Klimaneutralität deines Unternehmens Erfahre mehr über die CO2-Strategie und wie du davon profitieren kannst. |
Das Lieferkettengesetz ist seit Beginn 2023 in Deutschland in Kraft mit dem Ziel Menschenrechtsverletzungen innerhalb der Lieferketten von Unternehmen zu verhindern. Im deutschen Lieferkettengesetz bezieht die Definition der Lieferkette alle Schritte vom Rohstoff bis zum fertigen Verkaufsprodukt mit ein [1]. Das deutsche Lieferkettengesetz ist weltweit das erste Gesetz, welches Unternehmen in die Sorgfaltspflichten zieht, Menschenrechte und Umwelt zu schützen [2]. Auch die EU verhandelt bereits über eine Richtlinie zur Umsetzung von Lieferkettensorgfaltspflichten [3]. Die Beweggründe fürs Lieferkettengesetz sind insbesondere die Achtung der Menschenrechte. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf Zwangs- und Kinderarbeit [1].
„In Entwicklungsländern haben die Menschen oft nicht die Chance, ihre Rechte gegen international agierende Unternehmen und Zulieferer durchzusetzen.“
Svenja Schulze [2]
Das Lieferkettengesetz in der Zusammenfassung: Unternehmen sollen sich mit menschenrechtlichen und ökologischen Risikofaktoren auseinandersetzen, die durch ihre Tätigkeiten entstehen. Somit sollen weltweit Menschenrechte gewahrt sein und Unternehmen Verantwortung für ihr Handeln übernehmen. Ziel ist unter anderem die Schaffung gezielter Maßnahmen zur Verhinderung von Menschenrechtsverletzungen.
Mit dem Lieferkettengesetz ist Deutschland weltweit das erste Land, welches Sorgfaltspflichten für Unternehmen rechtlich festlegt [2]. Unser deutsches Lieferkettengesetz verpflichtet Unternehmen ab einer bestimmten Größe dazu, Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass ihre Geschäftstätigkeiten und die Tätigkeiten ihrer Geschäftspartner*innen keine negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte haben [1]. Die Umsetzung des Lieferkettengesetz basiert in Deutschland auf der Einhaltung verschiedener menschenrechtlicher sowie ökologischer Sorgfaltspflichten. Das Lieferkettengesetz stellt im Text klar, welche menschenrechtlichen und ökologischen Risiken es dabei zu beachten gilt [4].
Verbote für die Vermeidung menschenrechtlicher Risiken
Verbote für die Vermeidung umweltbezogener Risiken
Ist ein Unternehmen zur Einhaltung des Lieferkettengesetz verpflichtet, so fallen alle Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens darunter. Alle Arbeitsschritte gehören dabei zur Lieferkette von der Gewinnung der Rohstoffe bis zur Lieferung an Endkund*innen. Somit erfasst das Gesetz Tätigkeiten im eigenen Geschäftsbereich des Unternehmens, das Handeln der unmittelbaren sowie mittelbaren Zulieferern. [4]
Als vom Lieferkettengesetz betroffene Unternehmen zählen aktuell alle Unternehmen, deren Hauptsitz in Deutschland ist und die mindestens 3.000 Mitarbeitende beschäftigen. Somit fallen seit Beginn des Jahres fast 700 Unternehmen in Deutschland unter das Lieferkettengesetz [1].
Ab 2024 fallen bereits Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden unter das Lieferkettengesetz, somit wird es deutlich mehr betroffene Unternehmen geben. Insgesamt werden dann etwa 2.900 Unternehmen in Deutschland die Sorgfaltspflichten in der Lieferkette einhalten müssen [4].
Zweigniederlassungen ausländischer Unternehmen, die mehr als 3.000 Mitarbeitende beschäftigen, werden ebenfalls unter dem Lieferkettengesetz erfasst. Ab 2024 gilt das Lieferkettengesetz auch hier bereits für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden [4]. Ob der gesetzliche Rahmen weiter ausgeweitet wird und nach 2024 noch weitere Unternehmen unter das Gesetz fallen sollen, wird nach den ersten beiden Einsatzjahren überprüft [1].
Anwendungsbereich kurz erklärt Seit 1.1.23: Deutsche Unternehmen sowie Zweigniederlassungen ausländischer Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden Ab 1.1.24: Deutsche Unternehmen sowie Zweigniederlassungen ausländischer Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden Nach 2024: Überprüfung der Anwendungsbereiche |
Offiziell hat sich mit dem Inkrafttreten des Lieferkettengesetz in 2023 nur etwas für Großunternehmen geändert. Allerdings müssen betroffene Unternehmen die Sorgfaltspflichten auch an ihre unmittelbaren und mittelbaren Zulieferer weitergeben.
Menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten [4]
Eine wirksames Risikomanagement ist Kern, um Menschenrechtsverletzungen und Schädigungen der Umwelt zu erkennen und zu vermeiden bzw. zu minimieren. Mit dem Lieferkettengesetz müssen betroffene Unternehmen seit 2023 die Präventions- und Abhilfemaßnahmen offenlegen – sowohl im eigenen Geschäftsbereich als auch entlang der Zulieferer [2].
„Spätestens seit der Anerkennung des Menschenrechts auf eine saubere Umwelt ist klar: Der Schutz von Natur und Menschenrechten müssen Hand in Hand gehen."
Steffi Lemke [2]
Die Einhaltung des Gesetzes wird durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (kurz: BAFA) überprüft. Das BAFA kümmert sich auch um die Kontrolle der Berichte, eingereichter Beschwerden sowie dem Verhängen von Bußgeldern bei Versäumnissen oder Verstößen. Neben der Möglichkeit Beschwerde beim BAFA einzureichen können Betroffene von Menschenrechtsverletzungen ihre Rechte nun auch vor deutschen Gerichten geltend machen. [1]
Inwieweit Unternehmen, die unter das Lieferkettengesetz fallen, schließlich die Sorgfaltspflichten umsetzen müssen und können, hängt von verschiedenen Aspekten ab:
• | Art und Umfang der Geschäftstätigkeit, |
• | Einflussvermögen des Unternehmens auf den unmittelbaren Verursacher eines Risikos oder einer Verletzung der Sorgfaltspflichten, |
• | der typischerweise zu erwartenden Schwere der Verletzung, ihrer Umkehrbarkeit sowie deren Wahrscheinlichkeit |
• | sowie der Art des Verursachungsbeitrages des Unternehmens zum Risiko oder der Verletzung der Sorgfaltspflichten. |
Seit dem 1. Dezember 2022 ist klar, dass es ein EU-Lieferkettengesetz geben wird, denn die Umsetzung der Sorgfaltspflichten wurde zur Richtlinie festgelegt. Das konkrete Lieferkettengesetz in Europa – auf englisch: Corporate Sustainability Due Diligence Directive – steht noch nicht fest. Die Hoffnung ist eine Einigung über das Gesetz bis Ende 2023. Bisher ist die Richtlinie nur festgelegt. Nach der Verabschiedung der Richtlinie haben die EU-Mitgliedsstaaten zwei Jahre Zeit, die Richtlinie in nationales Recht zu überführen. [5]
Das Gesetz erzielt die Vermeidung negativer Auswirkungen auf Menschenrechte und Umwelt in Wertschöpfungsketten europäischer Unternehmen. Dabei wird sowohl die Geschäftstätigkeit innerhalb sowie außerhalb der EU betrachtet. Unternehmen übernehmen somit Verantwortung für Menschenrechts- und Umweltverstöße entlang der Wertschöpfungskette ihrer Produkte. Wie genau die Umsetzung schließlich aussieht, welche Sorgfaltspflichten im EU-Recht einbezogen werden und welche Unternehmen in den Anwendungsbereich fallen, wird aktuell noch verhandelt. [5]
Der bisherige Vorschlag zu einer EU-Richtlinie des Lieferkettengesetz stellt die Unternehmen in die Pflicht Risiken für menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten entlang der Wertschöpfungskette zu ermitteln. Zusätzlich müssen die Unternehmen Präventions- und Abhilfemaßnahmen ergreifen und über ihre Risiken und Maßnahmen berichten.
Die wichtigsten Eckpunkte zum aktuellen Entwurf der EU-Richtlinie [5]:
Ein kontrovers diskutierter Aspekt ist die Frage, ob auch nachgelagerte Verwendungen, wie beispielsweise die Entsorgung, in die Sorgfaltspflicht einbezogen werden sollen [6]. Im aktuellen Vorschlag der Richtlinie zum europäischen Lieferkettengesetz werden alle Aktivitäten – sowohl vor- als auch nachgelagerte – einbezogen [5]. Dabei stehen bürokratische Belastungen für Unternehmen im Konflikt mit dem Schutz vor schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen in Europa [6]. Zudem gibt es Diskussionen über die zivilrechtliche Haftung. Bisher liegt die Beweislast bei den Kläger*innen, was von Nichtregierungsorganisationen kritisiert wird. Ebenso steht noch aus, ob der Finanzsektor in die Richtlinie einbezogen wird oder ob dies den einzelnen EU-Ländern überlassen wird. [6]
Aktuell verhandeln der EU-Rat, das Europäische Parlament und die EU-Kommission über die endgültige Richtlinie zum Lieferkettengesetz. Die Verhandlungen laufen seit dem Frühjahr 2023 mit dem Ziel die Richtlinie noch im gleichen Jahr zu verabschieden. Im bisherigen Vorschlag der EU-Kommission zum Lieferkettengesetz umfasst der Anwendungsbereich drei Unternehmensgruppen. [5]
Als Risikosektoren gelten dabei folgende Wirtschaftsbereiche:
Ab wann das EU-Lieferkettengesetz genau gilt, ist aktuell schwer abzuschätzen, denn dies ist stark davon abhängig, wann die Einigung auf eine konkrete Richtlinie stattfindet. Zudem findet die Einführung in nationales Recht der EU-Mitgliedsstaaten ebenfalls zu unterschiedlichen Zeitpunkten statt sowie gestaffelt nach Unternehmensgröße [5]. Vor 2025 kann daher nicht mit der Umsetzung eines flächendeckenden EU-Lieferkettengesetz gerechnet werden.
Ein konkreter Vergleich der Gesetze lässt sich erst nach Verabschiedung des Lieferkettengesetz in der EU ziehen. Bisher legen beide Lieferkettengesetze einen ähnlichen Fokus in den Bereichen der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit.
Dabei fokussieren sich die Gesetze auf eine Risikoanalyse und eine anschließende Abmilderung und Verhinderung der menschenrechtsbezogenen und umweltbezogenen Risiken. Im deutschen Lieferkettengesetz steht dabei schon fest, dass sowohl vor- als auch nachgelagerte Aktivitäten als Teil der Wertschöpfungskette gesehen werden – Punkte, die im Lieferkettengesetz der EU noch verhandelt werden.
Aktuell beteiligt sich die Bundesregierung aktiv an der Gestaltung des EU-Lieferkettengesetz [3].
Das Lieferkettengesetz erhält Kritik von verschiedenen Seiten – sowohl das europäische als auch das deutsche. Einerseits fordern Menschenrechtsorganisationen und Umweltverbände strengere Auflagen. Andererseits fürchten Unternehmen einen Bürokratiekrieg und eine Überforderung aufgrund der Regelungen [6]. Somit ändert sich die Pro & Contra Liste beim Abwägen des Lieferkettengesetz je nachdem von welcher Position das Gesetz betrachtet wird.
Kritik am Lieferkettengesetz im Überblick:
Das Lieferkettengesetz gilt als wichtiger Schritt, damit Unternehmen soziale und ökologische Verantwortung für ihr Handeln übernehmen. Insbesondere in der aktuellen sozial-ökologischen Krise stimmt das Lieferkettengesetz optimistisch, dass künftige Herausforderungen strukturell angegangen werden. Allerdings bleiben viele Fragen weiterhin offen. Speziell KMUs stehen mit dem Gesetz vor neuen Herausforderungen. Wenn sie nicht selbst betroffen sind, dann eventuell das Unternehmen, das sie beliefern. Damit die Standortattraktivität der EU und Deutschlands also nicht geschwächt wird, benötigt es Unterstützungsmaßnahmen.
Quellen:
[1] BMZ: 2023. Das Lieferkettengesetz. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, URL: https://www.bmz.de/de/themen/lieferkettengesetz/.
[2] BMAS: 2022. Stärkerer Schutz von Menschenrechten und Umwelt in globalen Lieferketten. Bundesministerium für Arbeit und Soziales, URL: https://www.bmas.de/DE/Service/Presse/Pressemitteilungen/2022/sorgfaltspflichtengesetz.html.
[3] BMAS: 2023. Einsatz für faire Lieferketten und gute Arbeit weltweit. Bundesministerium für Arbeit und Soziales, URL: https://www.bmas.de/DE/Service/Presse/Pressemitteilungen/2023/einsatz-fuer-faire-lieferketten-und-gute-arbeit-welweit.html.
[4] Bundesgesetzblatt: 2021. Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten. Bundesministerium der Justiz, URL: https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?start=//*[@attr_id=%27bgbl121s2959.pdf%27]#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl121s2959.pdf%27%5D__1683455171675.
[5] Wirtschaft & Menschenrechte. EU-Lieferkettengesetz. CSR in Deutschland, URL: https://www.csr-in-deutschland.de/DE/Wirtschaft-Menschenrechte/Europa/Lieferketten-Gesetzesinitiative-in-der-EU/lieferketten-gesetzesinitiative-der-eu-art.html.
[6] Ellena, Silvia: 2023. Europaparlament ringt um Einigung über EU-Lieferkettengesetz. EURACTIV.com, URL: https://www.euractiv.de/section/handel-und-industrie/news/europaparlament-ringt-um-einigung-ueber-eu-lieferkettengesetz/.