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Sustainable Finance als Chance für Unternehmen

Geschrieben von Dr. Katharina Reuter | Nov 24, 2022 10:00:00 AM

Die Anzeichen mehren sich, dass sich nicht-nachhaltiges Wirtschaften über kurz oder lang auch ökonomisch nicht mehr rechnet. Die Autorin, Dr. Katharina Reuter, geht in dem vorliegenden Beitrag darauf ein, warum Unternehmen gut beraten sind, eher heute als morgen ökologische und soziale Nachhaltigkeit im Kerngeschäft zu verankern – und was die Sustainable Finance Strategie damit zu tun hat.


Inhalt

BNW e.V. und Sustainable Finances

Chancen und Katalysatoren

Stärkung nachhaltiger Lösungen

Fazit

 

 

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Sustainable Finances im BNW e.V.

Auch beim Thema „Sustainable Finance“ kann man die Kluft zwischen klassischen Industrieverbänden und zukunftsorientierten Wirtschaftsverbänden beobachten. Für die einen ist die stärkere Nachhaltigkeitsausrichtung der Finanzmärkte und Kreditinstitute der Weg ins sichere Verderben – für die anderen – u.a. den Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft (BNW e.V.) – eine Chance für die Unternehmen, sich zukunftsfähig aufzustellen.

Der BNW setzt sich seit Jahren für eine nachhaltige Finanzwende ein. Denn als wichtiger Hebel für die Transformation von Landwirtschaft, Energie und Verkehr ist es unabdingbar, dass der Finanzsektor hierfür die privaten und öffentlichen Gelder bereitstellt. Es ist aus Sicht der zukunftsorientierten Wirtschaft begrüßenswert, dass die Bundesregierung im Koalitionsvertrag festgehalten hat - auf Basis der Empfehlungen des Sustainable Finance Beirats - eine Sustainable Finance Strategie mit internationaler Reichweite zu implementieren. Auch die Corporate Sustainability Reporting Directive möchte die Bundesregierung weiterentwickeln und einheitliche Transparenzstandards zu Nachhaltigkeit und Treibhaus­gas­emissionen auf europäischer Ebene etablieren. Hierzu tobt inzwischen hinter den Kulissen die Lobbyschlacht, bei der es unter anderem darum geht, wie hoch die Ambition angesetzt werden soll.

 

Sustainable Finance als Chance und Katalysator

„Lass das doch mal den Markt regeln!“ – so heißt es gern von liberaler Seite. Aber können wir diesen Satz so stehen lassen, mit Blick auf Klimaschutz? Mit Blick auf Menschenrechte in der Lieferkette? Nein, denn wir haben keinen fairen, funktionierenden Markt für Klimaschutz. Wir haben keinen fairen, funktionierenden Markt für soziale Aspekte des Wirtschaftens. Dazu fehlen uns wahre Preise. Dazu müssten erstmal ökologische und soziale Schadenskosten eingepreist sein. Und solange sie das nicht sind, agieren nachhaltige Unternehmen auf verzerrten, unfairen Märkten.

 

Chance für nachhaltiges Wirtschaften

Sustainable Finance kann an diesem Punkt ein zentraler Hebel, eine große Chance für unsere Wirtschaft sein. Denn Risiken, die durch nicht-nachhaltiges Wirtschaften entstehen, werden dadurch von Finanzseite eingepreist. Das führt dazu, dass Kredite für nachhaltige Projekte günstiger zu haben sind. Das führt dazu, dass grüne Gründungen und Cleantech-Startups verstärkt das Interesse von Investor*innen wecken.

 

Der Finanzmarkt muss seiner Funktion gerecht werden, gemeinwohlorientiertes Wirtschaften zu unterstützen. Und nicht die Wirtschaftszweige der fossilen Vergangenheit. Nicht-nachhaltige Investitionen werden für die Banken und Investor*innen ohnehin zu „stranded assets“ (gestrandete Vermögenswerte). Die Landesbank Baden-Württemberg schreibt dazu auf ihrer Homepage: „Der Klimawandel wirft bei langfristig denkenden Investoren seine Schatten voraus. […] Werden mittel- bis langfristig alle Assets an Wert verlieren, die direkt vom Klimawandel betroffen sind – wie küstennahe Immobilien und Ländereien, aber auch Industrien, die stark von fossilen Rohstoffen abhängig sind –, kommt es in vielen anderen Sektoren zu erheblichen Wertsteigerungen.“ [1]

 

Sustainable Finance ist eine große Chance für einen zukunftsorientierten Wirtschaftsstandort Deutschland.

 

Sustainable Finance ist demnach eine große Chance für einen zukunftsorientierten Wirtschaftsstandort Deutschland. Und die EU-Taxonomie entwickelt ein System, das deutlich macht, welche Investitionen zur Lösung unserer weltweiten Klima-, Umwelt- und Sozialprobleme beitragen. Die Taxonomie ist an dieser Stelle kein Verbots-, sondern ein Transparenzinstrument.

Um die europäischen Klimaziele zu erreichen und besser abzuschätzen, wie sich unsere Wertschöpfungsketten auf klimatische und ökologische Aspekte auswirken, ist beispielsweise auch der konsequente Einbezug der Land- und Ernährungswirtschaft in die EU-Taxonomie unabdingbar. Der BNW begrüßt deshalb ebenfalls die Bestrebungen der EU-Kommission, im Rahmen des Action Plan on Sustainable Finance einen – europäisch abgestimmten – effektiven Hebel für die Transformation der europäischen Landwirtschaft zu setzen.

 

Das aktuelle Positionspapier des BNW e.V.

 

Nachhaltige Investmentkriterien stärken nachhaltige Lösungen

Zur Unterstützung der nachhaltigen Land- und Ernährungswirtschaft braucht es zukünftig klare Nachhaltigkeitsindikatoren für Investor*innen und staatliche Finanzmittel – das muss die Taxonomie leisten. Dazu kann die Anzahl von Vieh pro Hektar, Nitrateintrag, die Größe der Schläge, Heckenelemente oder auch der Anteil samenfester Sorten gehören. Die Taxonomie-Kriterien müssen dann auch für lebensmittelverarbeitende Unternehmen sicherstellen, dass Umwelt- bzw. Nachhaltigkeits-Managementsysteme wie ISO 14001, EMAS oder gleichwertige Systeme implementiert sein müssen. Ebenso muss die Einhaltung von bzw. die Compliance mit der Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten bestehen.

Vergleich des CO2-Ausstoß zwischen tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln [2]

Aber auch im Bereich der Lebensmittelinnovationen braucht es Anreize für Investor*innen, um nachhaltige Ernährungsalternativen (z.B. pflanzliche Proteine) zu unterstützen. Mit Blick auf die Klimawirkung ist es im Sinne einer „planetary health diet“ notwendig, den Anteil tierischer Proteine in der Ernährung zu verringern und den Anteil ökologischer Landwirtschaft zu erhöhen. Gerade Kantinen öffentlicher Einrichtungen können hier heute schon mit gutem Beispiel vorangehen, aber natürlich bieten auch steuerpolitische Instrumente ein großes Lenkungspotenzial. Um auch weiterhin (klein)bäuerliche Strukturen in unserer Landwirtschaft erhalten zu können, muss auch die gerechtere Einkommensverteilung (mehr Einkommen für Landwirt*innen) berücksichtigt werden.

 

Der gesellschaftliche Mehrwert einer ökologischen Land- und Ernährungswirtschaft ist offenkundig: Sie bietet Klima- und Umweltschutz, sichere und gutbezahlte Ausbildungs- und Arbeitsplätze sowie Gesundheit für Mensch und Tier. Damit dieses Leitbild noch mehr Kraft und Breite entfalten kann, braucht es eine politische Flankierung (vgl. 10 Punkte-Plan des BNW), um die Transformation hin zu einer nachhaltigen Land- und Ernährungswirtschaft weiter voranzutreiben.


Fazit

Nicht-nachhaltige Investitionen finden also künftig keine Kredite mehr – und das ist auch gut so. Trotzdem brauchen die Unternehmen darüber hinaus klare politische Leitplanken und neben Anreizsystemen und Förderprogrammen vor allem wahre Preise, z.B. für CO2 oder Betriebsmittel wie Pestizide. Gerade kleine und mittleren Unternehmen müssen bei der sozial-ökologischen Transformation unterstützt werden.

 

 

Quellen:

[1] LBBW. Glücksritter des Klimawandels. LBBW, URL: https://www.lbbw.de/artikelseite/maerkte-verstehen/stranded-assets_97bqt59jg_d.html.

[2] WWF: 2021. Infografiken: Das Essen von morgen. World Wide Fund For Nature, URL: https://www.wwf.de/themen-projekte/landwirtschaft/ernaehrung-konsum/besseresserinnen/das-essen-von-morgen.